среда, 31. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: In Zeiten der Regenfälle


In Zeiten der Regenfälle

heute - ich wartete auf post
und las sie auch
aber nicht von dir
und es regnete
auf meine wimpern

- es regnet seit tagen so
dass ich elendiglich ersticke

Miroslav B. Dušanić

Miroslav B. Dušanić: Studie

© by Gisela Gnath
studie

leicht bekleidet
nacht rauscht

schmerz verzerrt
mond lauscht

irgend
wo

im haus heimlich

viel
leicht

auch nicht

Miroslav B. Dušanić

недеља, 28. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: Atempausen


Atempausen

1.
In der Farbe des Morgens
unwirklich 
wie das Zimmer des Hotels „Badrutt’s Palace“ 
in St. Moritz

Eine Frau blieb plötzlich stehen
und wusste: Er kommt niemals an...

All das 
was vor kurzem noch so greifbar war
als sie noch glaubte: Es gäbe nur die Liebe
und es wäre möglich
sich über den Rand der Welt zu beugen
roh nach feuchter Erde

2.
Am Weg zum Café „Badilatti“
stellte ich mir vor: Wie wäre es sie
in der Frühe zu sehen 

ganz nackt unter Staubwolken

Ob sie wohl 
für die Guten oder für die Bösen in den Filmen wäre

dort wo keine Sterne sind...

3.
Durch verschlungene Labyrinthe — nie ganz wirklich
und immer fast...

In der Farbe des Morgens
schritt sie dem Schatten entgegen

Miroslav B. Dušanić

Photo: Miroslav B. Dušanić

субота, 27. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: Mein Alltag

Handy-Photo (Nokia 6120 classic): Miroslav B. Dušanić - mein alltag

mein alltag
für sara

eine wohnung mit altbewahrten möbeln
aufgereihten büchern
von klassik bis zur gegenwart
dem blick in die stadt
— wohl bekannte rituale

irgendwann sind die töchter da
mit lachen erfüllter raum
aus dem fernseher brüllen mich stimmen an
schrill — ja ich bin da
hört mich überhaupt noch jemand

kaffee
fragte meine frau und verschwand

Miroslav B. Dušanić

петак, 26. октобар 2007.

Мирослав Б. Душанић: Моја свакодневица


моја свакодневица
за сару

стан са доброочуваним старим намјештајем
наслаганим књигама
од класике до данашњих дана
са погледом у град
— добро познати ритуали

у неко вријеме стижу кћерке
соба испуњена смијехом
са телевизора пријетећи гласови
оштри — да ја сам ту
чује ли ме уопште неко

кафу
приупита моја жена и нестаде

Мирослав Б. Душанић

четвртак, 25. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: KNOTEN-ICH

© by Dušan Milić
knoten-ich

/Ich ging nicht spazieren, den Anblick von Obdachlosen könnte ich heute nicht ertragen, mein Kopf war schwer und tat weh...die Tapetenmuster in dem Zimmer wild und groß, mit schweren Farben, drohten mich zu ersticken. Wahrscheinlich waren sie durch Miró angeregt, es ist die Zeit sie zu wechseln...mir war schlecht, vielleicht hätte mir Spaziergang geholfen – frische Luft und so...hatte ich die Angst Svenja zufällig zu sehen...Svenja...ach Svenja!

Meine Wohnung sah so seltsam leer, so als hätte ich keine Vergangenheit, die sich in den Räumen hätte ablagern können. Hatte ich die Zukunft...? Was würde ich an der Welt ändern?
...blöd all das...2. Programm strahlte Oper von Leos Janacek „Aus einem Totemhaus“ in drei Akten.../

dann schmerzte es in der brust
auch im bauch

keine rettende schritte
kein klopfen an meiner tür
keine rufe

wo sind die gesichter
- in der hölle des vergessens
ich allein
und pfeifendes atmen

mit jedem ticktack der wanduhr
aus der lunge sauerstoff geraubt

(um zu entkommen) zum boden
versunkener körper
rollte über den teppich

lautlos

aber das gefühl: dem selbst
und den stürmen überlassen
ohne tröstliche worte

aber das gefühl: verhaftet
verschleppt ins ausgedörrte
von unbekannten erwürgt

Miroslav B. Dušanić
(Ausschnitt aus meinem „nachlass von lucas“)

среда, 24. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: Abschied

© by Geng Jianyi
abschied

sie versucht sich zu wehren
manchmal — mehr als nur
ein schwerer moment

im frischen aufwind
schmerz — unerbittlich

alles greift was atmet
nicht plötzlich
nicht unerwartet im licht

verliert der schatten
seine dämonische macht

Miroslav B. Dušanić

Miroslav B. Dušanić: Der freie Wille ist ein schöner Trick

untitled (2001) © by Noah Wilson
Der freie Wille ist ein schöner Trick

In welche Richtung gehen
- so viele Türen
hat mein Herz

Miroslav B. Dušanić
(Ausschnitt aus meinem „nachlass von lucas“)

недеља, 21. октобар 2007.

Hohnsen See-Impressionen

versteckt im dickicht
unter wasser blicken
der weg zur see
spuren im sand
Photos: © by Sara Dušanić

Hohnsen ist der Name eines untergegangenen Dorfes im heutigen Stadtgebiet von Hildesheim.

петак, 19. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: der (probe-) weise dicht-er

Мирослав Б. Душанић

der (probe-) weise dicht-er

tag-ein / -aus
land-auf / -ab
in silben
zerfällt

und kein halten mehr
für seinen vers
einen irrtümer
aus innerer notwendigkeit

Miroslav B. Dušanić

четвртак, 18. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: Wie verstehen diese Leere


wie verstehen diese leere

es ist alles noch da in unserem zimmer
augen und ohren und gedanken
ungesagtes und nichtgefragtes
aufgestapelt
auch altes möbel
unsre unterwäsche
und unter teppich begrabener staub

an decke dein blick gekettet
meiner müde in wand eingebohrt

Miroslav B. Dušanić

среда, 17. октобар 2007.

Vernetzte Kommentare

© by Pamela Harris

anfragen an elsa rieger

wer wartet auf godot
auf dieses
und das andere leben

wer faltet sich aus

warst du

bist du

wirst du alle narben
der vergangenen tage
und nächte
wieder durchleiden

Miroslav B. Dušanić
____________________________________

ich warte nicht –
ich lebe und das
mit allem
was ich bin

und jede zelle meines fleisches
funkelt in freude und schmerz

Elsa Rieger

© by Pamela Harris

und wäre alles liebe

und deine träume
mich rufend
nicht nur deine
stimme

und deine haut
und viel besser
noch
dein herz

nun umsonst mein
traum
vor mir liegt
nur die leere

Miroslav B. Dušanić

субота, 13. октобар 2007.

Sara Dušanić: Fragment an die Heimat

Am 29. Mai 2007 habe ich das Gedicht fragment an die heimat von Sara Dušanić in diesem Blog vorgestellt. Der Herausgeber Nachwuchs-Literatur-Zentrum „Ich schreibe“ e.V. Brieske (Wolfgang Wache, Andrea Beutel, Jana Arlt) veröffentlichte das Gedicht bei dem verlag*wache wolfgang — ISBN: 978-3-940294-02-9.

Ein Buch mit bewegenden Gedanken junger Menschen zwischen 7 und 27 Jahren! Aktuelle Momentaufnahmen als Zeitdokument für die Zukunft.


fragment an die heimat

wir trinken sliwowitz
— mein freund
wie man meer nimmt

in mein herz...
himmel hineinfließt
 wo ist die seele hin

will mich betrinken
seit lange her — keine

serbische musik
keine schritte mehr
die kolo tanzen

in unbestellter stille
hebe ich mein glas
mit geheimen wiegen

der ziehharmonika
die meiner brust innewohnt

singe ich: Ajde Jano, ajde dušo!*
und werfe die gläser
auf deutschen boden

sag' ist das alles
bin ich fremd — mein freund
wenn dort — wann hier

sind wir alle tränen — die zeitlos
von baumblättern fallen
und all die spuren verwischen

© by Sara Dušanić

* Gehen wir Jana, gehen wir meine Liebe!
(Titel eines serbischen Liedes)

четвртак, 11. октобар 2007.

Ich kenne die bereitschaft deines atems

Ira Bordo
ich kenne die bereitschaft deines atems
                                   (adrian munteanu)

viele schlaflose nächte vergehen
so als flüsterst du
die liebe zum ewigen dasein

dein atem wärmt nicht: es gleitet
lautlos und verschlingt mich

Miroslav B. Dušanić

среда, 10. октобар 2007.

Sara Dušanić: dein blues

© by Alexander Sasha Spivak
dein blues he spieler
klagt unsre seelen
der untreue an
den tränen geboren sind
wir selten so betrübt erst
morgens schlafen gegangen

wollen wir lieber trinken
dem kurzen leben und
die augen schließen bis
mit bier und zigaretten
das herz dem mädchen
schwer wird als es geht

sich finden im dekolletée
der fröhlichen barfrau
macht vergessen und
küsse schenken eine
nachtlang den schmerzen

meine liebste ist weg
singe den blues von
gebrochenen seelen
dem traurigem leben und
sein betragen das uns bitter
und bald betrunken macht

singe mein spieler
nur jenes eine lied
welches meinen glauben
und herz nicht schwer
für die liebe aufs tiefste
neu betrügen kann

dein blues klagt unsre seelen
der untreue an doch den
tränen geboren bleiben wir nicht
rastlos spiele bis zum morgen
wo meine brust zum weinen
einen neuen busen finden wird

© by Sara Dušanić
__________________________________________________
Sara Dušanić
geb. 1988 in Belgrad (Serbien), besuchte Gymnasium in Mühlhausen (Thür.) und Hildesheim; ab Wintersemester 2007/2008 Student an der Universität Hildesheim: Diplom-Studiengang Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis (Literatur/Theater/Medien); Veröffentlichungen in mehreren Anthologien...

понедељак, 8. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: 12

Мирослав Б. Душанић

12

Als es hell wurde
war alles unendlich
weit entfernt

Wir blieben Fremde
in eigenen Welten
verfängt

Miroslav B. Dušanić

недеља, 7. октобар 2007.

субота, 6. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: Zwei verspätete kommentare

Andre Derain: Suburb of Colloure (1905)
zwei verspätete kommentare
(für f. t.)

1.
du bist nicht mehr da
der raum geruchleer
und atmen
bedeutet nichts

2.
und wieder: ergießt sich farbe
anderswo als in deinem bett

ich kann sie nicht bewahren

es gibt andere dinge
zu bereden
als herbst in hildesheim

Miroslav B. Dušanić

____________________________________________
Anmerkung:
 
Es ist leicht, gut zu sein, wenn man nicht verliebt ist.
Cesare Pavese

Miroslav B. Dušanić: Anamnese

Drifters in the Stream © by Karen Winters
anamnese

zeit und räume
zitternd

sein herz: ein klarer spiegel
ein glaubenszeichen
im gefängnis
kniend
(mit seinem klagelied)

die nacht ist kalt
sie dehnt sich grabesschwer
sie dehnt sich weit hinter den mauern
sie dehnt sich zum letzten mal
sie dehnt sich für immer

Miroslav B. Dušanić
(Vertonung bei Elsa Rieger)

петак, 5. октобар 2007.

Miroslav B. Dušanić: Skulptur

Мирослав Б. Душанић
Skulptur

Ob uns das Gesicht
aus der Steinmasse erschüttert
und das Licht durchdringt
flach modellierten Stein

damit anthropomorphe Skulptur
im Gedächtnis bleibt
hier in Lepenski Vir
uns mit wenigen Furchen
in ihre Kulte einbauen lässt

Miroslav B. Dušanić

уторак, 2. октобар 2007.

leicht vielleicht

© by Rachel Selekman: Altered Can 2 (2006)
leicht vielleicht

vielleicht
zerfleischt mich in viele stücke

deutung-§-vielfalt irrt
sagt mir nicht viel
seitigkeit des vielleicht
führt mich nirgendshin
oder doch
ich falle nur ins loch

ich bin viel leicht
ein gefangener des vielleicht
einer von vielen
die leiden und irren
sich im vielseitigkeit-§-wald des vielleicht
für immer verlieren

vielleicht wäre es leichter
im vielleicht keine lücken suchen
anzunehmen wie es ist
und sich dadurch einen vorteil buchen

vielleicht entschließt sich
und endlich erreicht mich dessen botschaft

Miroslav B. Dušanić