Gedancken / über der Zeit.
Ihr lebet in der Zeit / und kennt doch keine Zeit /
So wisst Ihr Menschen nicht von / und in was Ihr seyd.
Diß wisst Ihr / daß ihr seyd in einer Zeit gebohren.
Und daß ihr werdet auch in einer Zeit verlohren.
Was aber war die Zeit / die euch in sich gebracht?
Und was wird diese seyn / die euch zu nichts mehr macht?
Die Zeit ist was / und nichts. Der Mensch in gleichem Falle.
Doch was dasselbe was / und nichts sey / zweifeln alle.
Die Zeit die stirbt in sich / und zeucht sich auch aus sich.
Diß kömmt aus mir und dir / von dem du bist und ich.
Der Mensch ist in der Zeit; sie ist in ihm ingleichen.
Doch aber muß der Mensch / wenn sie noch bleibet / weichen.
Die Zeit ist / was ihr seyd / und ihr seyd / was die Zeit
Nur daß ihr Wenger noch / als was die Zeit ist / seyd.
Ach daß doch jene Zeit / die ohne Zeit ist kähme
Und uns aus dieser Zeit in ihre Zeiten nahme.
Und aus uns selbsten uns / daß wir gleich köndten seyn
Wie der itzt / jener Zeit / die keine Zeit geht ein!
Den bedeutenden sächsischen Barockdichter Paul Fleming kennt man bis heute wegen seiner kraftvollen und ursprünglichen Lyrik. Er schrieb geistliche und weltliche Lieder in deutscher und lateinischer Sprache.
Paul Fleming wurde am 5. Oktober 1609 als Pfarrerssohn in Hartenstein an der Mulde im sächsischen Erzgebirge geboren. Er besuchte die Lateinschule in Mittweida, später die Thomasschule in Leipzig. Ab 1628 studierte er an der Leipziger Universität, er hörte Dialektik, Rhetorik und Poetik und wurde zum Magister der Philosophie promoviert. Sein Fachstudium wurde die Medizin. Von 1633 bis 1639 nahm er an Expeditionsreisen nach Moskau und Persien teil, danach setzte er seine medizinischen Studien in Leiden fort und erwarb dort im Januar 1640 auf Grund einer Disputation über Geschlechtskrankheiten den medizinischen Doktorgrad. Nur wenige Wochen später, am 2.April 1640, ist er in Hamburg gestorben.
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